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[14.5.1970] Erklärung zur
Befreiung von Andreas Baader
Die Rote Armee aufbauen
Genossen von 883
es hat keinen Zweck, den falschen Leuten das
Richtige erklären zu wollen. Das haben wir lange genug gemacht. Die
Baader-Befreiungs-Aktion haben wir nicht den intellektuellen Schwätzern,
den Hosenscheißern, den Alles-besser-Wissern zu erklären, sondern den
potentiell revolutionären Teilen des Volkes. Das heißt denen, die die
Tat sofort begreifen können, weil sie selbst Gefangene sind. Die auf das
Geschwätz der "Linken" nichts geben können, weil es ohne Folgen und
Taten geblieben ist. Die es satt haben!
Den Jugendlichen im Märkischen Viertel habt ihr die
Baader-Befreiungs-Aktion zu erklären, den Mädchen im Eichenhof, in der
Ollenhauer, in Heiligensee, den Jungs im Jugendhof, in der
Jugendhilfsstelle, im Grünen Haus, im Kieferngrund.
Den kinderreichen Familien, den Jungarbeitern und Lehrlingen, den
Hauptschülern, den Familien in den Sanierungsgebieten, den Arbeiterinnen
von Siemens und AEG-Telefunken, von SEL und Osram, den verheirateten
Arbeiterinnen, die zu Haushalt und Kindern auch noch den Akkord schaffen
müssen - verdammt!
Denen habt ihr die Aktion zu vermitteln, die für die Ausbeutung, die sie
erleiden, keine Entschädigung bekommen durch Lebensstandard, Konsum,
Bausparvertrag, Kleinkredite, Mittelklassewagen. Die sich den ganzen
Kram nicht leisten können, die da nicht dran hängen.
Die alle Zukunftsversprechen ihrer Erzieher und Lehrer und Hausverwalter
und Fürsorger und Vorarbeiter und Meister und Gewerkschaftsfunktionäre
und Bezirksbürgermeister als Lügen entlarvt haben und nur noch Angst vor
der Polizei haben. Denen - und nicht den kleinbürgerlichen
Intellektuellen - habt ihr zu sagen, daß jetzt Schluß ist, daß es jetzt
los geht, daß die Befreiung Baaders nur der Anfang ist! Daß ein Ende der
Bullenherrschaft abzusehen ist! Denen habt ihr zu sagen, daß wir die
Rote Armee aufbauen, das ist ihre Armee. Denen habt ihr zu sagen, daß es
jetzt losgeht. - Die werden nicht blöde fragen, warum gerade jetzt? Die
haben die tausend Wege zu Behörden und Ämtern schon hinter sich - den
Tanz mit Prozessen - die Wartezeiten und - immer, das Datum, wo es
bestimmt klappt und nichts geklappt hat. Und das Gespräch mit der netten
Lehrerin, die die Überweisung an die Hilfsschule dann doch nicht
verhindert hat, und der hilflosen Kindergärtnerin, wo auch kein Platz
frei wurde. Die fragen euch nicht, warum gerade jetzt - verdammt!
Die glauben euch natürlich kein Wort, wenn ihr selbst nicht mal in der
Lage seid, die Zeitung zu verteilen, bevor sie beschlagnahmt wird. Weil
ihr nicht die linken Schleimscheißer zu agitieren habt, sondern die
objektiv Linken, habt ihr ein Vertriebsnetz aufzubauen, an das die
Schweine nicht rankommen.
Quatscht nicht, das sei zu schwer. Die Baader-Befreiungs-Aktion war auch
kein Deckchensticken. Wenn ihr kapiert habt, was los ist - (und eure
Kommentare zeigten, daß ihr was kapiert habt, nur daß ihr selbst 'ne
Kugel im Bauch hättet, war natürlich opportunistische Scheiße - ihr
Arschlöcher), wenn ihr was kapiert habt, müßt ihr den Vertrieb besser
organisieren. Und wir werden euch über die Methoden so wenig sagen wie
über den Aktionsplan - ihr Torfköppe! Solange ihr euch schnappen laßt,
könnt ihr den Leuten keine Ratschläge geben, wie man sich nicht
schnappen läßt. Was heißt denn Abenteurertum? Daß man sich selbst die
Lampen baut. Also.
Was heißt: die Konflikte auf die Spitze treiben? Das heißt: sich nicht
abschlachten lassen.
Deshalb bauen wir die Rote Armee auf. Hinter den Eltern stehen die
Lehrer, das Jugendamt, die Polizei. Hinter dem Vorarbeiter steht der
Meister, das Personalbüro, der Werkschutz, die Fürsorge, die Polizei.
Hinter dem Hauswart steht der Verwalter, der Hausbesitzer, der
Gerichtsvollzieher, die Räumungsklage, die Polizei. Was die Schweine mit
Zensuren, Entlassungen, Kündigungen, mit Kuckuck und Schlagstock
schaffen, schaffen sie damit. Klar, daß sie zur Dienstpistole greifen,
zu Tränengas, Handgranaten und MP's, klar, daß sie die Mittel
eskalieren, wenn sie anders nicht weiterkommen. Klar, daß die GI's in
Vietnam auf Guerilla-Taktik umgeschult wurden, die Green-Berrets auf
Folterkurs gebracht. Na und?
Klar, daß der Strafvollzug für Politische verschärft wird. Ihr habt
klarzumachen, daß das sozialdemokratischer Dreck ist, zu behaupten, der
Imperialismus samt allen Neubauers und Westmorelands, Bonn, Senat,
Landesjugendamt und Bezirksämtern, der ganze Schweinkram ließe sich
unterwandern, nasführen, überrumpeln, einschüchtern, kampflos
abschaffen. Macht das klar, daß die Revolution kein Osterspaziergang
sein wird. Daß die Schweine die Mittel natürlich so weit eskalieren
werden, wie sie können, aber auch nicht weiter. Um die Konflikte auf die
Spitze treiben zu können, bauen wir die Rote Armee auf.
Ohne gleichzeitig die Rote Armee aufzubauen, verkommt jeder Konflikt,
jede politische Arbeit im Betrieb und im Wedding und im Märkischen
Viertel und in der Plötze und im Gerichtssaal zu Reformismus, d.h.: Ihr
setzt nur bessere Disziplinierungsmittel durch, bessere
Einschüchterungsmethoden, bessere Ausbeutungsmethoden. Das macht das
Volk nur kaputt, das macht nicht kaputt, was das Volk kaputt macht! Ohne
die Rote Armee aufzubauen, können die Schweine alles machen, können die
Schweine weitermachen: einsperren, entlassen, pfänden, Kinder stehlen,
einschüchtern, schießen, herrschen. Die Konflikte auf die Spitze treiben
heißt: Daß die nicht mehr können, was die wollen, sondern machen müssen,
was wir wollen.
Denen habt ihr's klar zu machen, die von der Ausbeutung der Dritten
Welt, vom persischen Öl, Boliviens Bananen, Südafrikas Gold - nichts
abkriegen, die keinen Grund haben, sich mit den Ausbeutern zu
identifizieren. Die können das kapieren, daß das, was hier jetzt
losgeht, in Vietnam, Palästina, Guatemala, in Oakland und Watts, in Kuba
und China, in Angola und New York schon losgegangen ist. Die kapieren
das, wenn ihr's ihnen erklärt, daß die Baader-Befreiungs-Aktion keine
vereinzelte Aktion ist, nie war, nur die erste dieser Art in der BRD
ist. Verdammt.
Sitzt nicht auf dem hausdurchsuchten Sofa herum und zählt die Lieben,
wie kleinkarierte Krämerseelen. Baut den richtigen Verteilungsapparat
auf, laßt die Hosenscheißer liegen, die Rotkohlfresser, die
Sozialarbeiter, die sich doch nur anbiedern, dies Lumpenpack. Kriegt
raus, wo die Heime sind und die kinderreichen Familien und das
Subproletariat und die proletarischen Frauen, die nur drauf warten, den
Richtigen in die Fresse zu schlagen. Die werden die Führung übernehmen.
Und laßt euch nicht schnappen, und lernt von denen, wie man sich nicht
schnappen läßt - die verstehen mehr davon als ihr.
Die Klassenkämpfe entfalten
Das Proletariat organisieren
Mit dem bewaffneten Widerstand beginnen
Die Rote Armee aufbauen!
Quelle:
http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/Stadtguerilla+RAF/RAF/brd+raf/
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