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Das tazblog des "Hausmeisters" Helmut Höge ergänzt das neue Buch zur 68er Postille "883": 2006 - beschäftigte sich ein Autorenkollektiv, zu dem u.a. Markus Mohr gehörte, mit dem Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen - im Zusammenhang ihrer quasi wissenschaftlichen Forschung über die damalige Westberliner linke Zeitung “agit 883″. Das Ergebnis wurde dann im Verlag “Assoziation A” veröffentlicht. Ihrer Meinung nach war der Name der Gruppe ein “Affront gegen die ML-Tendenz”, ich würde eher sagen, es war Ausdruck eines eher kreativen als autoritären Umgangs mit den Ideen Mao Tse-tungs. Er ist eine Anspielung auf ein Kapitel seines langen Textes “Über die Berichtigung falscher Ansichten in der Partei” aus dem Jahre 1929. Das Kapitel heißt:
“Über die Mentalität umherscheifender Rebellenhaufen”.
Es sei hier wiedergegeben:
Da
es in der Roten Armee eine große Zahl vagabundierender Elemente gibt
und im ganzen Land, besonders in den südlichen Provinzen, große
Massen solcher Elemente umherziehen, ist in der Roten Armee die
politische Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen entstanden.
Anmerkungen:
1. Die vorliegende Schrift ist ein Resolutionsentwurf, den Genosse Mao Tse-tung für den 9. Parteitag des 4. Korps der Roten Armee ausgearbeitet hat. Die Armee des chinesischen Volkes hat bei ihrem Aufbau einen schwierigen Weg zurückgelegt. Die chinesische Rote Armee (in der Periode des Widerstandskrieges gegen die japanische Aggression Achte Route-Armee und Neue Vierte Armee, heute Volksbefreiungsarmee genannt) wurde am 1. August 1927 während des Nantschang-Aufstandes gegründet. Im Dezember 1929 waren seither mehr als zwei Jahre vergangen. Während dieser zeit hatten die Parteiorganisationen der Roten Armee im Kampf gegen verschiedene falsche Ansichten vieles gelernt und ziemlich reiche Erfahrungen gesammelt. In der von Genossen Mao Tse-tung ausgearbeiteten Resolution sind diese Erfahrungen zusammengefaßt. Diese Resolution trug dazu bei, die Rote Armee völlig auf eine marxistisch-leninistische Grundlage zu stellen und den Einfluß aller Armeen alten Typs zu beseitigen. Die Resolution wurde nicht nur in dem 4. Korps, sondern nach und nach auch in den anderen Einheiten der Roten Armee in die Tat umgesetzt; dadurch verwandelte sich die gesamte chinesische Rote Armee in jeder Hinsicht in eine wahre Volksarmee. In mehr als 20 Jahren erfuhr sowohl die Parteiarbeit als auch die politische Arbeit in den Einheiten der bewaffneten Kräfte des chinesischen Volkes eine breite Entfaltung, wobei viel Neues geschaffen wurde, so daß diese Arbeit heute ein völlig neues Gepräge hat, aber die Grundlinie bleibt dieselbe, wie sie in dieser Resolution festgelegt wurde.
2. Huang Tschao, aus Yüandjü, Bezirk Tsaodschou (heute Kreis Hodsö, Provinz Schantung), gebürtig, war Führer eines Bauernaufstands gegen Ende der Tang-Dynastie (618-907). Im Jahre 871 sammelte Huang Tschao das Volk um sich und schloß sich dem Aufstand unter Führung Wang Hsiän-dschis an. Nachdem Wang Hsiän-dschi getötet worden war, vereinigte Huang Tschao die Reste von dessen Truppen mit seinen eigenen Streitkräften und ließ sich zum “großen Feldherrn, der den Himmel stürmt”, ausrufen. Zweimal zog er mit seinen aufständischen Truppen weit über die Grenzen der Provinz Schantung hinaus. Im ersten Feldzug wandte sich Huang Tschao aus seiner Heimatprovinz erst nach Honan, dann nach Anhui und Hupeh, von wo er nach Schantung zurückkehrte. Der zweite Feldzug brachte ihn von Schantung über Honan nach Kiangsi, von wo er durch Osttschekiang in die Provinzen Fukien und Kuangtung einrückte; von da aus ging er über Kuangsi und Hunan nach der Provinz Hupeh weiter, von wo er sich dann ostwärts, nach den Provinzen Anhui, Tschekiang usw. wandte. Danach überquerte er den Huai-Fluß, rückte in Honan ein, besetzte die Stadt Loyang, erstürmte den Paß von Tungguan und nahm schließlich die Stadt Tschang-an (das heutige Sian, Provinz Schensi) ein. Nach der Eroberung der Stadt Tschang-an gründete er den Staat Tji und ließ sich zum Kaiser ausrufen. Später mußte Huang Tschao infolge innerer Zwistigkeiten (sein Feldherr Dschu Wen ergab sich dem Tang-Kaiser) und infolge der Angriffe der Truppen Li Kö-yungs, des Führers des Schatuo-Stammes, Tschang-an aufgeben; über Honan kehrte er nach Schantung zurück. Nach seiner Niederlage machte Huang Tschao seinem Leben durch Selbstmord ein Ende. Der Krieg, der Huang Tschao zehn Jahre lang führte, ist einer der bekanntesten Bauernkriege in der Geschichte Chinas. In den offiziellen Chroniken der alten herrschenden Klassen heißt es von Huang Tschao, daß damals “alle Menschen, die unter den drückenden Abgaben litten, ihm zuströmten”. Huang Tschao beschränkte sich jedoch auf eine bewegliche Kriegführung und schuf keine mehr oder minder festen Stützpunktgebiete. Seine Aufständischen wurden daher als “umherschweifende Rebellen” bezeichnet.
3) Li Tschuang, auch Li Dsi-tscheng genannt, der aus dem Kreis Midschi, Provinz Schensi, stammte, war Führer eines Bauernaufstands gegen Ende der Ming-Dynastie (1363-1644). Im Jahre 1628 ging eine Welle von Bauernaufständen durch Nordschensi, Li Dsi-tscheng schloß sich den Aufständischen unter Gao Ying-hsiang an, zog von Schensi über Honan nach Anhui und kehrte von dort nach Schensi zurück. Gac Ying-hsiang starb 1636, und Li Dsi-tscheng wurde dann unter dem Namen Tschuang zum König ausgerufen. Eine wichtige Losung, mit der sich Li Dsi-tscheng an das Volk wandte, war: “Wer für König Tschuang ist, leistet keine Abgaben.” Li Dsi-tscheng hielt in seiner Armee eine strenge Disziplin aufrecht. Sein Motto war: “Wer einen Mann tötet, wird wie der Mörder meines eigenen Vaters behandelt. Wird eine Frau vergewaltigt, so ist das, als hätte man meine Mutter vergewaltigt.” Li Dsi-tscheng hatte daher sehr viele Anhänger, und seine Bewegung bildete die Hauptströmung der Bauernaufstände der damaligen Zeit. Aber auch er schuf keine mehr oder minder festen Stützpunktgebiete und zog unstet von Ort zu Ort. Nachdem er zum König ausgerufen worden war, führte er seine Truppen in die Provinz Szetschuan, wandte sich von dort nach Südschensi, durchquerte sodann Hupeh und rückte abermals in Honan ein. Bald darauf besetzte er die Stadt Hsiangyang in der Provinz Hupei und kehrte über Honan erneut nach Schensi zurück, wo er Sian einnahm. Im Jahre 1644 durchzog er die Provinz Schansi und eroberte Peking, wurde aber bald darauf von den vereinten Kräften Wu San-guis, eines Feldherrn der Ming-Dynastie, und dei Tjing-Truppen geschlagen.
Bommi Baumann schreibt dazu - in “Wie alles anfing” (1976): Wir haben dann angefangen, diesem ganzen losen Haufen einen Namen zu geben. Das war der “Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen”. Wir haben gesagt, wir nehmen Dope, das ist eine wichtige Sache. Und Rebellen, klar, waren wir eh, und Zentralrat war einfach eine Ironie auf die damaligen Politzirkel, weil sich alle Zentralrat nannten. Es gab also schon wieder mal 1000 Zentralräte, das war einfach schwer ironisch, die Bezeichnung. Die theoretische Grundlage war Mao “Über die Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen”.
Bei Wikipedia heißt es unter dem Stichwort “Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen”:
Zentralrat der umherschweifenden (zuweilen fälschlich: herumschweifenden) Haschrebellen, auch kurz: Haschrebellen oder umherschweifende Haschrebellen, war eine hauptsächlich im Jahr 1969 verwendete Eigenbezeichnung für die erste Entwicklungsphase einer Stadtguerilla-Gruppe in West-Berlin. Bekannt werden sollte diese später vor allem unter dem Namen Tupamaros West-Berlin. Die Haschrebellen profilierten sich durch ihre Unterstützung zunehmend radikaler Protest- und Aktionsformen gegen den deutschen Staat bzw. den West-Berliner Senat und seine Repräsentanten (vor allem aus Polizei und Justiz). Zusammen mit den Tupamaros und den Schwarzen Ratten gehörten die Haschrebellen zu einer auch als Berliner Blues bezeichneten Untergrundbewegung, die aus der Hasch-Szene der Stadt hervorgegangen war. Diese war eher anarchistisch als politisch-ideologisch orientiert, ihre Proteste richteten sich ursprünglich hauptsächlich gegen die restriktive Drogenpolitik des Berliner Senats und die zahlreichen Rauschgiftrazzien in Szenekneipen. Die einzelnen, zumeist lose formierten Gruppen des “Blues” sind jedoch nicht - wie es gelegentlich geschieht [1] - streng voneinander zu unterscheiden, handelt es sich doch eher um wechselhafte Bezeichnungen für mehr oder weniger den gleichen, lockeren Kreis von Personen. Ab November 1969 setzte sich in selbigem zwar die auf eine ausgeweitete politische Programmatik und spektakulärere Aktionen hindeutende Eigenbenennung Tupamaros West-Berlin durch, dennoch war weiterhin auch von den Haschrebellen die Rede. Insbesondere durch ihre zunehmend aggressive Rhetorik, ihren Antizionismus und ihre Legitimierung und Anwendung von Gewalt bei Anschlägen mit Brand- oder Sprengsätzen oder bei Schusswaffengebrauch wurden die Gruppierungen des “Blues” dabei zu einer wichtigen Übergangserscheinung zwischen den Protesten der Außerparlamentarischen Opposition und den terroristischen Aktivitäten der Rote Armee Fraktion und der Bewegung 2. Juni. http://taz.de/blogs/hausmeisterblog/2007/01/05/umherschweifende-rebellenhaufen/
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