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Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Als nächster Redner hat der Kollege Dr. Hans-Peter Uhl von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Michael Glos [CDU/CSU]: Hans, gib es dem Bibelfälscher!)

Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den Versuch Joschka Fischers erlebt, sich als gereifter Überzeugungstäter von einst staatstragend in Szene zu setzen. Doch, Herr Außenminister, dieser Versuch ist Ihnen gründlich misslungen.

(Beifall bei der CDU/CSU - Lachen bei der SPD)

Fabelhaft staatsmännisch, in saturierter Bonhomie, fein angezogen im Dreiteiler von Luxusschneiderhand - so zeigt er sich uns. Ich zitiere hierbei die "Süddeutsche Zeitung". Heute putzt er sich nicht mehr mit einer Putztruppe auf den Straßen Frankfurts, sondern mit einem feinen Siegelring am Finger.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Herr Fischer, so geht es nicht.

(Hans-Werner Bertl [SPD]: Schon wieder gelogen, Herr Kollege!)

Sie machen es sich zu leicht, wenn Sie heute - ich habe Ihnen zugehört - mit frivolem Pathos hier erklären: Ich war ein Revolutionär mit Freiheitsanspruch. Herr Fischer, Sie machen sich mit solchen Äußerungen doch lächerlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dann faselt er noch weiter: Es sei eine Freiheitsrevolte gewesen, an der er sich beteiligt habe. Herr Fischer, was für ein groteskes Zerrbild vom damaligen Deutschland haben Sie? Glauben Sie, Sie könnten uns alle hier für dumm verkaufen? Wir sind doch fast alle Zeitzeugen dieses Deutschlands gewesen. Wo war das Terrorregime, in dem wir angeblich gelebt haben? In welchem Unterdrückungsstaat sollen wir gelebt haben? Sie reden wirres Zeug, wenn Sie behaupten, dass Sie sich als Freiheitsrevolutionär haben aufspielen müssen. Das ist doch unerträglich!

Wir wollen wissen, ob sich Ihre Überzeugung gewandelt hat. Wir wissen, Ihre Taten waren keine Jugendsünden. Sie waren weder jung noch sündig; sie waren kriminell und erwachsen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

In Wahrheit war der APO-Fanatismus kein Kampf von Idealisten. Es war ein Verrat an der Demokratie. Sie waren ein Feind der Demokratie.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU -

Zurufe von der SPD: Oh!)

- Ja, das war er. - Die erste deutsche Demokratie wurde von den Nazis vernichtet. Der Reichstag wurde von Goebbels als "Quasselbude" bezeichnet. Sie und Ihre Genossen sind mit der gleichen Impertinenz und mit der gleichen verwerflichen Gesinnung ans Werk gegangen. Sie und die APO wollten die zweite deutsche Demokratie, die Nachkriegsdemokratie, vernichten.

(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

Die Parallelen sind unverkennbar. Der gewalttätige politische Straßenkampf findet immer nach den gleichen Spielregeln statt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Spielregeln der SA sind uns bekannt:. Die SA als Sturmabteilung der NSDAP hat sich in Saalschlachten und in Straßenschlachten hervorgetan.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Das muss einer aus München sagen!)

Die SA war ein Machtinstrument der Nazis. Ihr Machtinstrument, Herr Fischer, war Ihre Putztruppe.

(Hans-Werner Bertl [SPD]: Das ist ja nicht auszuhalten!)

Sie hatten mit Ihrer Putztruppe natürlich nicht denselben militanten Erfolg wie die SA-Schläger, aber Sie wünschten sich einen ähnlichen Erfolg. Daran sehen wir, dass die Franzosen mit dem Wort "Les extrêmes se touchent" Recht haben: Die Linksextremen und die Rechtsextremen bedienen sich immer derselben Instrumentarien.

(Michael Glos [CDU/CSU]: Siehe Mahler!)

Fischer war ein wortgewaltiger Agitator, er war ein Scharfmacher, er war ein Anstifter, er war ein Rädelsführer.

(Gernot Erler [SPD]: Sie waren nichts von allem?)

Jetzt wollen Sie nichts mehr davon wissen.

Was ist es eigentlich für eine Entschuldigung, wenn man einen Polizisten zusammenschlägt und dann 25 Jahre verstreichen lässt, bis man unter massivem politischen Druck ein Telefongespräch führt? Herr Fischer, das ist doch unerträglich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Nein, wir wollen wissen, ob sich Ihre Gesinnung wirklich geändert hat.

(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: CDU-Gesinnungs-TÜV! Das hättet ihr gerne! Geprüft und für demokratisch befunden!)

Wir werden hier nicht nachgeben. Man kann nicht oft genug wiederholen, dass Sie nach der Ermordung von Buback, Ponto und Schleyer nicht in Rage, sondern schriftlich geäußert haben: Bei den drei hohen Herren mag mir keine rechte Trauer aufkommen. Das ist das Gedankengut der Sympathisanten der Terroristen.

(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Heinrich Böll! Ein Literaturnobelpreisträger! Interessant!)

Dieses Gedankengut ist Ihr Gedankengut gewesen.

Dazu fällt Ihnen nur ein, dass Sie den Artikel einmal im Zusammenhang sehen wollten, weil Sie sich nicht an alles erinnern könnten. Dabei halten Sie uns vor, ob wir uns an jede Kreisvorstandssitzung erinnern könnten. Das ist doch eine Frechheit. Die damalige Situation nach dem Selbstmord von Ulrike Meinhof in der Zelle, nachdem ein Schock durch Ihre Szene ging und nachdem Sie bei einer Demonstration eine führende Rolle eingenommen haben, vergleichen Sie mit einer Kreisvorstandssitzung einer Partei. Und Sie können sich an nichts mehr erinnern, obwohl Sie immer dabei waren!

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wir werden Ihnen helfen, sich zu erinnern, Herr Fischer,

(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie dabei waren?)

weil wir wissen - Sie wissen es auch -, dass der Terrorismus in Deutschland ohne diese Sympathisantenszene niemals möglich gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Zuruf von der SPD: Sie sind heute noch Überzeugungstäter!)

Deswegen wollen wir wissen - die deutsche Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, es zu erfahren -, welche Rolle Fischer wirklich gespielt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. - Zuruf von der SPD: Das war der Höhepunkt der Debatte!)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 18. Januar 2001, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

(Schluss: 15.58 Uhr)