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Von der Studenten- Bewegung blieb nur wenig übrig Was bewirkte die Studentenbewegung?
Was hat sich verändert? Was ist übrig geblieben? Fast
nichts, möchte man meinen, dabei gilt die damals
geäußerte Kulturkritik nach wie vor: Konsumorientierung
und Passivität haben sich durch steigenden Wohlstand und
weitere Medienangebote eher noch verfestigt. Die
Zeitungen des Berliner Springer-Verlages sind die
gleichen geblieben und der Konzern wurde nicht enteignet.
Die NATO wurde nicht zerschlagen, statt dessen wurde die
Polizei ausgebaut. Und der Numerus clausus gehört zum
festen Bestandteil der Universitäten. Fast alle
Auslöser der Studenten- bewegung bestehen fort, wirken
aber nicht mehr.
Trotzdem: Zum ersten Mal in 20. Jahrhundert gab es eine
demokratische Studentenbewegung. Die Bewegung schwappte
von der Hochschule in andere Bereiche der Gesellschaft,
die sich seither verändert haben. Was sich unbestritten
aus der APO entwickelte, das sind die Jugend-, Frauen-,
Atomkraft-nein-Danke-, Friedens- und ähnliche Bewegungen
einschließlich der Bürgerinitiativen, aus denen
wiederum die heute etablierten Grünen
hervorgingen. Der Anspruch, die bürgerliche
Trennung zwischen Privatleben und politischer
Arbeit aufzuheben, fand eine realistische Umsetzung in
der Gründung vieler alternativer Betriebe. Geblieben,
wenn nicht sogar vertieft, ist das Mißtrauen gegen die
Repräsentanten von Staat und Parteien. Die Psychoanalyse, die bis dahin öffentlich keine Rolle spielte, wurde praktisch neu entdeckt. Heute ist der Psychomarkt riesengroß. Der Marxismus als eigenständige wissenschaftliche Kraft wurde zeitweise mit Inbrunst aufgenommen, allerdings inzwischen fast vollständig wieder vergessen. Auf der Suche nach Hebeln zur Veränderung der Gesellschaft wurde die Kindererziehung als wesentlich erkannt. Die Kinder wenigstens sollten frei und antiautoritär aufwachsen, um die Gleichschaltung in einer repressiven Gesellschaft zu unterlaufen. Der englische Pädagoge Alexander Neill erlebte mit seinen Büchern über Summerhill eine ungeheure Popularität. Freiheitlich gesinnte Eltern umgingen die staatlichen Kindergärten und gründeten Kinderläden, eine bis heute existierende Bewegung.
Die Einstellung zur Sexualität und die Umgangsformen haben sich unter dem Einfluß der APO liberalisiert. Die Probleme der Dritten Welt und des Raubbaus an der Natur drangen ins öffentliche Bewußtsein. Erst seit der Studentenbewegung sind Alternativen zu allen Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens denkbar geworden. Vieles von dem, was versucht wurde, ging daneben. Aber heute, nach 30 Jahren, ist es kein Kunststück, sich schlauer als damals zu fühlen. Mit
Material von: DPA |