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  Die 68er und die APO im Jahr 1998

Von der Studenten- Bewegung blieb nur wenig übrig

Was bewirkte die Studentenbewegung? Was hat sich verändert? Was ist übrig geblieben? Fast nichts, möchte man meinen, dabei gilt die damals geäußerte Kulturkritik nach wie vor: Konsumorientierung und Passivität haben sich durch steigenden Wohlstand und weitere Medienangebote eher noch verfestigt. Die Zeitungen des Berliner Springer-Verlages sind die gleichen geblieben und der Konzern wurde nicht enteignet. Die NATO wurde nicht zerschlagen, statt dessen wurde die Polizei ausgebaut. Und der Numerus clausus gehört zum festen Bestandteil der Universitäten. Fast alle Auslöser der Studenten- bewegung bestehen fort, wirken aber nicht mehr.
       
DAS MIßTRAUEN GEGEN DEN STAAT BLEIBT

      Trotzdem: Zum ersten Mal in 20. Jahrhundert gab es eine demokratische Studentenbewegung. Die Bewegung schwappte von der Hochschule in andere Bereiche der Gesellschaft, die sich seither verändert haben. Was sich unbestritten aus der APO entwickelte, das sind die Jugend-, Frauen-, Atomkraft-nein-Danke-, Friedens- und ähnliche Bewegungen einschließlich der Bürgerinitiativen, aus denen wiederum die heute etablierten “Grünen” hervorgingen. Der Anspruch, die “bürgerliche Trennung” zwischen Privatleben und politischer Arbeit aufzuheben, fand eine realistische Umsetzung in der Gründung vieler alternativer Betriebe. Geblieben, wenn nicht sogar vertieft, ist das Mißtrauen gegen die Repräsentanten von Staat und Parteien.
 

Die Psychoanalyse, die bis dahin öffentlich keine Rolle spielte, wurde praktisch neu entdeckt. Heute ist der Psychomarkt riesengroß. Der Marxismus als eigenständige wissenschaftliche Kraft wurde zeitweise mit Inbrunst aufgenommen, allerdings inzwischen fast vollständig wieder vergessen. Auf der Suche nach Hebeln zur Veränderung der Gesellschaft wurde die Kindererziehung als wesentlich erkannt. Die Kinder wenigstens sollten frei und antiautoritär aufwachsen, um die Gleichschaltung in einer repressiven Gesellschaft zu unterlaufen. Der englische Pädagoge Alexander Neill erlebte mit seinen Büchern über Summerhill eine ungeheure Popularität. Freiheitlich gesinnte Eltern umgingen die staatlichen Kindergärten und gründeten “Kinderläden”, eine bis heute existierende Bewegung.


Die Einstellung zur Sexualität und die Umgangsformen haben sich unter dem Einfluß der APO liberalisiert. Die Probleme der Dritten Welt und des Raubbaus an der Natur drangen ins öffentliche Bewußtsein. Erst seit der Studentenbewegung sind Alternativen zu allen Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens denkbar geworden. Vieles von dem, was versucht wurde, ging daneben. Aber heute, nach 30 Jahren, ist es kein Kunststück, sich schlauer als damals zu fühlen.

Mit Material von: DPA
1998 ZDF.MSNBC