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Manifest von muslimischen gläubigen, agnostischen und atheistischen Frauen und Männern für die Rückkehr zum Laïzismus

Ablehnung von sich auf den Islam berufenden Äußerungen und Handlungen des Frauenhasses, der Homophobie und des Antisemitismus

Die Zeitung Libération veröffentlicht am Montag, den 16. Februar 2004, ein Manifest von muslimischen, gläubigen, agnostischen und atheistischen Frauen und Männern für die Rückkehr zum Laïzismus. Sie verurteilen darin alle Äußerungen und Handlungen des sich auf den Islam berufenden Frauenhasses, der Homophobie und des Antisemitismus.

Das Manifest unterschreiben ungefähr 100 arabischstämmige Frauen und Männer des französischen kulturellen Lebens. Unterschriften können weiterhin geleistet werden, z.B. hier: pcmha@noos.fr

Gleichberechtigung der Geschlechter, eine Voraussetzung jeder Demokratie

Die UnterzeichnerInnen treten ein für die Gleichberechtigung der Geschlechter als Voraussetzung jeder Demokratie. Sie wenden sich gegen die Unterdrückung der Frauen auf Grund von deren Stellung, wie es in Algerien aber auch in Frankreich praktiziert wird. Sie unterstützen die Kampagne der algerischen Frauen "20 Jahre, barakat!" (20 Jahre, das reicht!). Die Kampagne will die Abschaffung des die Frauen benachteiligenden islamischen Familienrechts. Dafür setzen sich die algerischen Frauen seit 20 Jahren ein.

Auf positive Entwicklungen in Marokko weisen die UnterzeichnerInnen des Manifestes hin.

Sie sind gegen das Kopftuch und den Schleier, ungeachtet dessen, ob die einzelnen UnterzeichnerInnen für oder gegen das anti-Kopftuchgesetz sind: "Wir haben in verschiedenen Ländern Gewalttaten und selbst Morde an weiblichen Angehörigen oder Freundinnen gesehen, nur weil diese es nicht trugen. ..." Von dem angeblich freiwilligen Entschluß, den einige kopftuchbewehrte Mädchen für sich in Anspruch nehmen, halten sie nichts, dahinter verstecke sich der Wille, militant eine Gesellschaft des politischen Islam zu fördern.

Einhalt der Homophobie

"Für die Islamisten wie für alle Machos und Integristen heißt, 'ein Mann sein', Macht über die Frauen zu haben, einschließlich der sexuellen Vorherrschaft. In deren Augen ist jeder Mann, der für die Gleichberechtigung von Mann und Frau eintritt, ein potentieller Weichling (sous-homme), ein Päderast (pédé)." Diese Denkart gewinne seit dem Aufsteigen des Islamismus mehr und mehr an Bedeutung. Ihre Grausamkeit komme ihrer Heuchelei gleich. Einer der Organisatoren der Kopftuch-Demonstration vom 17. Januar 2004 habe erklärt, es sei skandalös, daß diejenigen, die über das Kopftuch schockiert seien, sich nicht schockiert über Homosexualität zeigten. Für ihn gehörten offensichtlich Frauen unter den Schleier und Homosexuelle hinter Gitter, wie man es in Ägypten sehen könne.

Man schaudere, wenn man sich vorstelle, was es für die "Unzüchtigen" bedeute, wenn solche Theorien sich durchsetzten, für unverschleierte Frauen, für Homosexuelle und Nichtgläubige (Anmerkung: wozu für die Islamisten auch gläubige Christen und Juden gehören). Den Staat gehe die sexuelle Wahl des einzelnen nichts an.

Gegen Antisemitismus

"Schließlich verurteilen wir mit aller Schärfe die antisemitischen Äußerungen, die in letzter Zeit in den Reden im Namen des Islam vorgebracht wurden.  Wie die 'unzüchtigen' Frauen und die Homosexuellen sollten die Juden bekämpft werden: 'Sie haben alles und wir nichts', hörte man bei der Demonstration vom 17. Januar. Wir sehen darin die Instrumentalisierung des israelisch-palästinensischen Konflikts durch die integristischen Bewegungen zugunsten eines äußerst beunruhigenden Antisemitismus am Werk. Trotz unserer Opposition gegen die derzeitige Politik der israelischen Regierung lehnen wir die Heranbildung einer archaischen Wahnvorstellung über den 'Juden'  durch den Gebrauch eines historischen und tatsächlichen Konflikts zwischen zwei Völkern ab. Wir erkennen das Existenzrecht Israels an, so wie das nacheinander auch die PLO auf ihrem Kongreß von Alger, 1988, und der Arabische Gipfel, in Beirut, 2002, getan haben. Auf dem Hintergrund dieser doppelten Anerkennung sehen wir unser Engagement an der Seite des palästinensischen Volkes in seinem Recht, einen Staat zu gründen, und die besetzten Gebiete räumen zu lassen."

Eine lebendige Laizität

Der Islam sei in Frankreich schlecht angesehen, es fehlten Orte zum Beten, Gemeindestrukturen und Friedhöfe. "Wir sind uns auch bewußt, daß junge arabischstämmige Franzosen einen bemerkenswerten Rückstand in ihrer gesellschaftlichen Förderung und eine Diskriminierung hinnehmen müssen, was von allen Beobachtern bestätigt wird, und daß die Idee der Laïzität 'à la française' für sie viel an Wert verloren hat."

Die UnterzeichnerInnen des Manifests sehen für die Muslime in Frankreich zwei Wege: entweder die Kraft einer lebendigen Laïzität wiederzufinden, politisch tätig zu werden, um ihre Rechte durchzusetzen, und die Beibehaltung der Fortschritte für sich zu fordern, für die oft schon ihre Eltern gekämpft hätten, die sich zu gesellschaftlichen Klassen, Kulturen, Völkern und Nationen gezählt hätten, noch vor einer Zugehörigkeit zum Islam, oder sich wiederzuerkennen in einer fiktiven und informatisierten "Ummah" , die nichts mehr zu tun habe mit der Wirklichkeit, die sich schmücke mit republikanischem Flitter oder Versatzstücken der Drittweltsolidarität, um desto besser eine ungleiche, repressive und intolerante Gesellschaft zu entwerfen.

"Dieser zweite Weg kann nicht der Unsrige sein."

Première liste des signataires

Mohamed Abdi, cadre administratif ; Karima Agmir, responsable associative ; Séverine Aït-Kacemi ; Taos Aït Si Slimane, médiatrice scientifique à la Cité des sciences ; Sanhadja Akrouf, éducatrice, militante associative ; Mehdi Allal, consultant ; Tewfik Allal, syndicaliste ; Zaki Allal, ingénieur ; Slimane Amara, responsable associatif ; Soumya Ammar-Khodja, écrivain ; Farid Ammar-Khodja, universitaire ; Nadia Amiri, infirmière, chercheuse ; Hakim Arabdiou, salarié ; Ahmed Assemouh, architecte ; Réda Belkhodja, ingénieur retraité ; Mustapha Benallègue, enseignant chercheur (retraité) ; Louisa Benazzoul, animatrice radio ; Chérif Benbouriche, responsable associatif ; Djamel Eddine Bencheikh, professeur des Universités, écrivain ; Fewzi Benhabib, physicien, enseignant ; Djamel Benmerad, journaliste ; Mohamed Benrabah, professeur d'Université (Grenoble-III) ; Aziz Bensadek, enseignant ; Zouina Bensadek, enseignante ; Nadir Boumendjel, médecin ; Nadia Châabane, enseignante ; Chahla Chafiq-Beski, écrivain ; Alice Cherki, écrivain, psychanalyste ; Zakya Daoud, écrivain ; Ahmed Debbouze, conseiller municipal ; Tassidit Debec, animatrice ; Mohamed El-Baki, syndicaliste, conseiller municipal ; Nadia El-Fani, réalisatrice ; Ahmed El-Kaladi, enseignant-chercheur ; Hassan El-Khabir, enseignant ; Nabile Farès, écrivain, psychanalyste ; Claudine Ginet-Bencheikh, médecin ; Bachir Hadjadj, ingénieur retraité ; Idir, chanteur ; Safia Iftissen, militante associative ; Kébir Jbil, président du MMLF (Mouvement des Maghrébins laïques de France) ; Hadj Ahmed Khélil, économiste ; Salima Kheloufi, metteur en scène ; Hakim Khoubzaoui, salarié ; Fatimah Lalem, sociologue ; Zineb Laouedj, poète, enseignante à Paris-VIII ; Waciny Laredj, romancier, enseignant à Paris-III ; Lotfi Madani, sociologue ; Farouk Mansouri, consultant ; Claudie Martinez-Médiène, enseignante ; Nabil Mehdioui, enseignant ; Nazim Mekbel, fonctionnaire ; Sahra Mekboul, universitaire (CMERSS-Aix-en-Provence) ; Karim Messaoudi, cadre administratif, militant associatif ; Arezki Metref, écrivain ; Dalila Morsly, professeure d'Université ; Nabila Nachi, ingénieur (ENSA) ; Abderrahim Nejjarine, syndicaliste ; Rabah Rabah, mathématicien, enseignant chercheur ; Michel Renard, ancien directeur de la revue " Islam en France " ; Nourredine Saadi, écrivain ; Leïla Sebbar, écrivain ; Ali Silem, artiste peintre ; Nasséra Si Mohamed, cadre administratif, militante associative ; Karima Tabouri, enseignante ; Zineb Tamène, avocate ; Nadia Tazi, philosophe ; Hassane Zerrouky, journaliste.

-  Pour signer cette pétition :

pcmha@noos.fr

-  Pour tous contacts et informations :

Mehdi Abbane, 06 81 60 65 43

Zusammenfassung und Übersetzung: Gudrun Eussner (17.2.2004)

Quellen:

Das Original: http://sisyphe.org/article.php3?id_article=931

Manifeste. Etre de culture musulmane et contre la misogynie, l'homophobie, l'antisémitisme et l'islam politique. Retrouver la force d'une laïcité vivante. Libération, 16 février 2004
http://www.liberation.fr/page.php?Article=178981&AG#

Société-laïcité-religion-médias. La-Croix.com, 16 février 2004
http://www.la-croix.com/afp/index.jsp?docId=1336150&rubId=1295

17 février 2004 / 15 h 52
FRANCE - Des femmes et des hommes de culture musulmane lancent dans « L'Humanité » une pétition pour dénoncer les déclarations et actes de misogynie, d'homophobie et d'antisémitisme qui se revendiquent de l'islam. Proche-Orient.info
http://www.proche-orient.info/xjournal_pol_der_heure.php3?id_article=21548